Schachretros

Schach rückwärts spielen. Geht das?

Ja, dieses Spezialgebiet im Problemschach nennt sich Retroanalyse. Hier geht es nicht darum, zu einer gegebenen Stellung den besten Zug zu finden, sondern einen Blick in die Vergangenheit der Partie zu werfen.

Die Fragestellungen sind vielfältig, der Fantasie sind fast keine Grenzen gesetzt. Was war der letzte Zug? Ist die Stellung legal? Darf Schwarz noch rochieren? Auf welchem Feld wurde die weiße Dame geschlagen?

Die Lösung solcher Aufgaben erfordert manchmal detektivische Kleinstarbeit.

Hier ein Beispiel, das auf den ersten Blick recht harmlos aussieht, das es aber faustdick hinter den Ohren hat:

Tibor Orban
Die Schwalbe 1976
Beweispartie in genau 4,0 Zügen

Diese Stellung entstand also nach dem 4. Zug von Schwarz. Welche Züge sind geschehen?

Ja, es geht 1. e4 e6 2. Lc4 c6 3. Lxe6 dxe6, und die Diagrammstellung ist schon nach 3 Zügen erreicht. Die Forderung lautet jedoch, diese Diagrammstellung in genau 4 Zügen zu erreichen. Also müssen beide Seiten ein Tempo verlieren. Für Weiß ist das kein Problem, aber für Schwarz?

Wer jetzt graue Haare bekommt, ist in guter Gesellschaft. Es heißt, Michail Tal - Schachweltmeister von 1960-1961 - brauchte 15 Minuten zum Lösen dieser Aufgabe, andere Großmeister mussten passen.

Wem es nicht besser ergeht als einigen anderen Großmeistern, der darf nach der Lösung spickeln.